Im Chalet fédéral
«Allegra a Berna», steht in grossen Buchstaben auf dem überdimensionierten Plakat, das an der Gerüst-Fassade des weiss eingehüllten Bundeshauses prangt.
Flims ist vorbei, es herrscht wieder parlamentarischer Alltag. Fast zumindest. Denn vieles im altehrwürdigen Palais fédéral ist nicht mehr so, wie es einmal war. Und noch nicht so, wie es einmal sein wird, wenn die Renovationsarbeiten 2008 abgeschlossen sind. Das Bundeshaus ist eine Grossbaustelle.
Eine derzeit durchaus nette Baustelle freilich – mit einer herkömmlichen nicht zu vergleichen. Kein Lärm, keine fremdländisch parlierenden Arbeiter, keine schmutzigen Pfützen allerorten, keine herunterhängenden Kabel und auch keine halb leeren Bierflaschen, die verwahrlost herumstehen. Das Berner Wahrzeichen, das auch ein bisschen unser Wahrzeichen ist, ist eine Krawatten-taugliche Baustelle. Gummistiefel und Helm können zu Hause gelassen werden.
Die 430 im Bundeshaus engagierten Arbeiter haben in den letzten Wochen fast rund um die Uhr gearbeitet. Das Resultat: Viele Spuren der Renovationsarbeiten sind verwischt, damit sich Parlamentarier, Journalisten und Lobbyisten auch in Bern den Umständen entsprechend fast wie an einer Wellness-Session fühlen.
Skihütten-Romantik
Ungewohnt indes ist die Szenerie schon: Die teppichgepolsterten Steintreppen sind unter schmalen Holzstegen verschwunden. An Staatsempfänge ist unter solchen Bedingungen nicht zu denken. Vom sonst zu dieser Jahreszeit üblichen Weihnachtsbaum fehlt jede Spur. Die vier die Landessprachen symbolisierenden Landsknecht-Figuren an den Aufgängen zu National- und Ständeratssaal ruhen hinter Bretterverschlägen. In Anspielung an die unzähligen hölzernen Abdeckungen ist da und dort nur noch vom Chalet fédéral die Rede. Skihütten-Romantik im Zentrum der Schweizer Politik. Nur die drei Eidgenossen Werner Stauffacher, Walter Fürst und Arnold von Melchtal wachen, in Stein gemeisselt, nach wie vor unerschütterlich über die Eingangshalle.
Das Bundeshaus soll wieder im alten Glanz erstrahlen. 83 Millionen Franken sind dafür budgetiert, ein Drittel davon ist bereits verbaut. Kuppeln, Dächer und Sandstein werden vom Schmutz befreit, Heizung, Strom und Lüftung auf den neusten Stand der Technik gebracht, Stühle und Bänke ersetzt und zahlreiche neue Arbeitsplätze für die Parlamentarier geschaffen.
Glanz im «Valloton»
Einen ersten Eindruck vom neuen Glanz des 104-jährigen Gebäudes erhält, wer einen Blick ins Café Valloton wirft. An den Wänden der 1939 vom damaligen Nationalratspräsidenten Henry Valloton angeregten Cafeteria hängt eine rote Tapete mit Blumenmustern. Die Tapete steckte unter dicken Farbschichten und wurde originalgetreu reproduziert. Und die Decke ist mit Stuck verziert. Sie kam über der tief gehängten alten Gipsdecke zum Vorschein.
www.tagblatt.ch Stefan Schmid 05.12.2006
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