Der Untergang männlicher Mythen
«Brokeback Mountain» entfacht neue Debatte über Hetenwelten
Schwarz, breit, stark? Der «Mythos Mann» ist seit Jahren auf dem Prüfstand. Mann benutzt Parfum und kleidet sich schick. Die letzten Hetero-Dömänen kennt man fast nur noch aus Film und Sport. Die Fassade bekommt Risse: «Gay Games» konkurrieren Olympia, und Hollywood bejubelt den schwulen Western «Brokeback Mountain».
Echte, schwule Kerle
Der heisseste Favorit für die diesjährige Verleihung des Acadamy Awards in der Kategorie «Bester Film» ist Ang Lees schwules Westerndrama «Brokeback Mountain». Die Kritiker jubeln: Lee demontiert Stück um Stück den Mythos der Prärie, des wilden Westens, wo die Welt noch in Ordnung ist, die Cowboys noch echte Kerle sind und man die letzte Freiheit auf Erden noch findet. So kennt Mann das aus der Marlboro-Werbung. Wo Frauen von Herzschmerz-Kitsch schwärmen, träumen echte Kerle vom Kitsch des grossen, freien Abenteuers. Aber jetzt sind die echten Kerle schwul!
Zugpferd «Starbesetzung»
Warum das so revolutionär ist? Selbst im deutschen Film sind Schwule klischeebehaftete Schönlinge, feminine Schwächlinge oder erfolgreiche Modedesigner. Das ist im prüden Amiland nicht anders. Selbst schwule Filmproduktionen sind eben auf die Zielgruppe zugeschnitten und eher seichte Kost. Die wenigen Ausnahmen sind filmisch meist auch eher Mittelmass. Aber Lee besetzt sein Schwulendrama mit bekannten Gesichtern. Seine Cowboys Jake Gyllenhaal und Heath Ledger sind Zugpferde, und Ang Lee selbst ist in Hollywood seit «Der Eissturm» und «Hulk» auch kein Unbekannter mehr.
Vom Western zum Sport
Die Heteros jubeln, die Schwulen freut es. Schwule Cowboys gab es bislang nur im Porno, jetzt endlich auch auf der grossen Leinwand! Bald steht sicher auch eine Pornoproduktion mit dem Titel «Bareback Mountain» in die Videotheken. Und während der deutsche Film bereits mit «Sommersturm» den schwulen Rudersport aufs Korn genommen hat und mit «Männer wie wir» eine schwulen Fussballmannschaft ins Feld schickte, werden schwule Sportveranstaltungen weltweit immer populärer. Kein Wunder, dass es - auch in Deutschland - schwule Fussballmannschaften gibt. Sogar auf Liga-Nivau. Und die Olympiade der Homosexuellen nennt sich «Gay Games».
Weg von den Klischees?
Man möchte laut «Halleluja» und «Amen» rufen angesichts so geballter Medienaufmerksamkeit. Man möchte annehmen, dass die letzten Schritte in die Akzeptanz nun auf den Weg gebracht sind. Ich weiss es nicht. Aber die Konkurrenz ist gross: Der Blockbuster des Jahres 2006 wird sich wohl doch eher um die Oberhusche Jack Sparrow drehen. Der erleidet nämlich den zweiten «Fluch der Karibik»!
www.dbna.de 24.02.2006
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