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7.2.09

Anne-Marie Blanc

Die Schweizer Theater- und Filmschauspielerin Anne-Marie Blanc ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Der Durchbruch gelang ihr 1941 mit der Titelrolle im Film «Gilberte de Courgenay».

Anne-Marie Blanc, eine der «Grandes Dames» der Schweizer Theaterwelt, starb am Donnerstag umgeben von ihren Angehörigen an ihrem Wohnort im Alterswohnheim Zürich-Enge, wie ihre Familie am Freitag mitteilte.

Bis ins hohe Alter wirkte Blanc in zahlreichen Theater- und Filmproduktionen mit.

Ihren Bühnenabschied gab sie rund zwei Monate nach ihrem 85. Geburtstag in Zürich, Schaffhausen und Basel im Stück «Savannah Bay» von Marguerite Duras.

Im Zwei-Personen-Stück stand sie zusammen mit ihrer Enkelin Mona Petri Fueter auf der Bühne.

Am Zürcher Schauspielhaus, wo Anne-Marie Blanc 66 Jahre zuvor als Elevin engagiert worden war, übergab ihr Stadtpräsident Elmar Ledergerber nach ihrem letzten Auftritt die Anerkennungsmedaille der Stadt für kulturelle Verdienste.

Keine Theaterausbildung

Geboren wurde Anne-Marie Blanc am 2. September 1919 in Vevey als Tochter eines Grundbuchverwalters. Sie wuchs in Bern auf. Als Kind liebäugelte sie mit einem Medizinstudium. Irgendwann einmal habe sie sich dies aus dem Kopf geschlagen, sagte sie kurz vor ihrem 80. Geburtstag.

Nach der Matura sprach sie am Schauspielhaus Zürich vor - und wurde auf Anhieb engagiert - eine Theaterschule besuchte sie nie. 1938 bis 1952 gehörte sie zum Ensemble des Schauspielhauses. Sie trat aber auch auf anderen wichtigen Bühnen der Schweiz, Deutschlands und Österreich auf.

Die Schauspielerin war mit Heinrich Fueter, dem Gründer der Filmfirma Condor, verheiratet, der 1979 starb. Blanc hatte drei Söhne. Diese übernahmen nach dem Tod des Vaters 1979 die Produktionsfirma. Viele Mitgleider der weit verzweigten Familie sind heute im Kulturbereich tätig.

Vertritt die «andere Seite der Medaille»

Anne-Marie Blanc war Theaterschauspielerin mit Leib und Seele. Als 80-Jährige mimte sie im Berner Theater an der Effingerstrasse den alternden Stummfilmstar Norma Desmond im erstmals fürs Theater adaptierten Filmklassiker «Sunset Boulevard». «Wenn gute Angebote kommen, spiele ich weiter», pflegte sie, nach dem Karrierenende befragt, zu sagen. Sie könne nichts anderes als die Schauspielerei.

Diese beherrschte sie dafür brillant. 1986 erhielt sie für ihre Darstellungskunst die begehrte Schweizer Bühnenauszeichung, den Hans-Reinhart-Ring, sowie die Goldene Nadel des Zürcher Schaupielhauses. In der Laudatio zur Ehrung hiess es, ihr Schaffen zeichne sich durch «bezaubernde Leichtigkeit, Humor und Noblesse» aus.

«Ich habe die Komödie repräsentiert, das Leichte und Elegante. Hier war ich favorisiert gegenüber deutschen Kolleginnen, die in Munitionsfabriken gearbeitet und keine glanzvolle Theater-Jugend erlebt hatten», sagte Blanc vor zwei Jahren der NZZ am Sonntag auf die Frage, in welcher Sparte sie zuhause gewesen sei. Die grosse Geste sei sie allerdings nicht gewesen. «Im Vergleich mit Maria Becker, einer klassischen Heldin, vertrete ich die andere Seite der Medaille», sagte sie.

Blanc spielte über 200 Theater- und mehr als 30 Filmrollen. Auf der Theaterbühne verkörperte sie von Shakespeare zu Lessing, von Goethe zu Schiller und Kleist, von Ibsen und Tschechow zu Zuckmayer und Brecht so ziemlich alle grossen klassischen Rollen.

Absage an Hollywood

Blanc, die in verschiedenen Fernsehfilmen mitgewirkt hatte, stand bis ins hohe Alter auf der Bühne. Sie war sich auch für TV-Serien nicht zu schade. So spielte sie etwa von 1999 bis 2001 in der populären Serie «Lüthi und Blanc» mit.

Zum Film kam sie 1940: Damals hatte sie in der Produktion «Wachtmeister Studer» des Regisseurs Leopold Lindtberg ihre erste Filmrolle. Der Kinoerfolg «Gilberte de Courgenay» verhalf ihr zum Durchbruch und machte sie zum nationalen Idol und zum ersten weiblichen Filmstar der Schweiz, wie das Historische Lexikon schreibt.

Sie spielte auch in den Kinofilmen «Die missbrauchten Liebesbriefe», «Landammann Stauffacher» oder in der Komödie «Matura-Reise», die Sigfrit Steiner inszenierte.

Daneben hatte Blanc zahlreiche Filmrollen in deutschen Heimat- oder Boulevardfilmen. In Paris drehte sie 1946 zusammen mit Erich von Stroheim «On ne meurt pas comme ça». Ein Jahr später lehnte sie einen Siebenjahresvertrag mit einem Hollywood-Studio aus Rücksicht auf ihre Familie ab.

«Wunderbare Schauspielerin»

Stephanie Glaser hat die verstorbene Anne-Marie Blanc als «wunderbare Schauspielerin» gewürdigt. Sie habe sich durch ihre Natürlichkeit ausgezeichnet und man habe ihr geglaubt, was sie gesagt habe, sagte Glaser. Die beiden Schauspielerinnen hatten im Film «Klassezämekunft» im Jahr 1988 zusammen vor der
Kamera gestanden.

Auch Mathias Gnädinger, der unter anderem in der Fernsehserie «Lüthi und Blanc» mit Anne-Marie Blanc spielte, hat diese als eine der tollsten Schauspielerinnen gewürdigt, die es in der Schweiz je gegeben habe. Eine Schauspielerin, die eine ganz spezielle Aura um sich gehabt habe. Als er sie zuletzt auf der Bühne gesehen habe, habe sie gesagt, man müsse einfach weiter machen, das Gedächtnis müsse frisch bleiben. Das gebe auch ihm Mut weiter zu machen.

www.swissinfo.ch
Anne-Marie Blanc (HLS)
Anne-Marie Blanc (Wikipedia)

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