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9.8.06

Aidshilfe Bern Kampagne nicht pronografisch, aber ein Grenzfall

Die Berner Justiz hat ihre Ermittlungen gegen die kantonale Aidshilfe wegen Pornografie in einer Coming-out-Broschüre eingestellt. Die Aids-Hilfe mache sich nicht strafbar, ritze aber die Ziele des strafrechtlichen Jugendschutzes.

Mit der Broschüre «Selbstverständlich» war die Aids-Hilfe im Sommer 2005 ins Visier der Berner Justiz geraten: Auf Grund eines Hinweises der EVP Schweiz wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf das Verteilen von pornografischem Material an unter 16-Jährige eröffnet.

Zu prüfen hatte der zuständige Untersuchungsrichter verschiedene Stellen der Broschüre, darunter die Schilderung eines Mannes, der auf einer öffentlichen Toilette von einem Unbekannten oral befriedigt wurde.

Mit der Publikation habe sich die Aids-Hilfe nicht strafbar gemacht, dies gehe aus dem Antrag des zuständigen Untersuchungsrichters an die Staatsanwaltschaft hervor, sagte die Geschäftsleiterin der Aids-Hilfe Bern, Béatrice Aebersold Krähenbühl, zu einer Mitteilung ihrer Organisation.

Jugendschutz «geritzt»

Laut Untersuchungrichter «ritzt» die Aids-Hilfe mit der Broschüre zwar die Ziele des strafrechtlichen Jugendschutzes; einzelne Elemente bewegten sich an der Grenze zur Pornografie.

Aus Sicht der Justiz sind aber keine Voraussetzungen erfüllt, die auf Grund der zur Diskussion stehenden Straftatbestände eine weitere Strafverfolgung rechtfertigen würden. Dies betrifft laut Aebersold unter anderem Arikel 187 des Strafgesetzbuches (sexuelle Handlungen mit Kindern) und Artikel 197, der die Verteilung pornografischer Schriften an unter 16-Jährige unter Strafe stellt.

Aebersold zeigte sich erleichtert über den Entscheid. Die 20-jährige Erfahrung der Aids-Hilfe zeige, dass Präventionsbotschaften vor allem dann gehört würden, wenn sie sich am realen Leben orientierten und auf moralische Bewertungen verzichteten.

An Volksschule gestoppt

Nach dem öffentlichen Wirbel um die Broschüre hatten die Kantone Bern, St. Gallen und Thurgau im Sommer 2005 die Verwendung des Hefts an der Volksschule gestoppt. Die Broschüre kann jedoch nach wie vor von über 16-jährigen Personen bei der Aids-Hilfe bezogen werden. Sie wird zudem in Lokalen mit schwulem Publikum aufgelegt.

Die EVP habe vor allem signalisieren wollen, dass mit der Broschüre moralisch-ethische Grenzen überschritten worden seien, sagt EVP-Generalsekretär Joel Blunier auf Anfrage. Es sei noch nicht klar, ob die Partei weitere Schritte unternehmen werde. Der Entscheid der Berner Justiz ist wegen einer Rekursfrist noch nicht rechtskräftig.

tagesschau.sf.tv 08.08.2006

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