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2.4.09

Osterbrauch

Ritter, Reiter, Eierschubser: Bräuche zur Auferstehung Christi in Bern, Hambug, Bautzen, der Lausitz, Frankfurt und Thüringen.

Lausitz | Hamburg | Saaletal | Bautzen | Frankfurt | Bern

Kaum ein anderes Fest ist von so unterschiedlichen Sitten geprägt wie Ostern. Wer es erleben will findet hier sechs Vorschläge für Kurztrips über Ostern in ganz Deutschland und der Schweiz.

Osterfeuer und versteckte Eier findet man zu Ostern an vielen Orten. Doch einige haben darüber hinaus eine ganz eigene Art entwickelt, das Fest der Auferstehung Christi zu feiern. Nicht alle Rituale und Bräuche sind christlichen Ursprungs, viele haben keltische oder germanische Wurzeln. Oder gar literarische, wie im Fall des berühmten Osterspaziergangs in Goethes Faust.

Lausitz: Tradition des Osterreitens

Wenn im sächsischen Ralbitz am Ostersonntag die Kirchenglocken läuten, sind die Wittichenauer nicht mehr fern. Paarweise passieren die Reiter mit ihren schwarzen Gehröcken und hohen Zylindern den Orts­eingang wie in vergangenen Zeiten. Doch das Osterreiten ist bis heute eine lebendige Tradition der Lausitzer Sorben. Um die 1800 Osterreiter nehmen jedes Jahr an den Prozessionen teil. 
Der Brauch ging wohl aus dem vorchristlichen Ritual des Flurumritts hervor, durch den die junge Saat auf den Feldern vor bösen Kräften geschützt werden sollte. Mit der Christianisierung der slawischen Minderheit erhielt der Brauch eine neue Bedeutung und wurde auf den Ostersonntag gelegt. Seither wird in der Lausitz der christliche Segen verbreitet und die frohe Botschaft der Auferstehung Christi einer benachbarten Pfarrgemeinde überbracht. Drei Mal umreiten die Wittichenauer die Pfarrkirche St.-Katharina in Ralbitz und ziehen ihren Hut vor dem Kruzifix. Touristen und Einheimische drängen sich zwischen Pferden und Hauswänden hindurch, der ganze Ort ist von lautem Singen und Halleluja-Rufen erfüllt.

Hamburg: Ostermarkt der Kulturen der Welt

Eigentlich ist er ein Ostermarkt der Völker: Aussteller aus vielen verschiedenen Ländern zeigen beim norddeutschen Ostermarkt im Völkerkundemuseum Hamburg traditionelles österliches Kunsthandwerk – ob Eierschalenmosaik, Kalligrafie, Pflanzendruck mit Naturfarben, Kratztechnik oder Perforierung, Aquarell- oder Ölmalerei. Es gibt Ostereier mit japanischem Wa­shi-Papier, mit Batik aus der Ukraine, mit norwegischer Hardanger-Sticktechnik oder sorbischer Wachsbatik, Volkskunst aus dem Erzgebirge und Rumänien, Span-Basteleien aus Finnland oder gedrechselte Holzeier aus Reutlingen. 
In diesem Jahr stehen die wenig bekannten arabischen Christen im Mittelpunkt, etwa die türkischen Maroniten in Iskenderon, die griechisch-orthodoxen Christen in Jerusalem oder die Rum-Orthodoxen von Antiochien. Wie feiern sie Ostern? In Vorträgen und an Verkaufsständen kann man mehr darüber erfahren – und arabische und koptische Spezialitäten probieren. Danach hört man sich ein finnisches Ostermärchen an oder erfährt etwas über Osterbräuche in Guatemala. 
Der 25. Norddeutsche Ostermarkt findet vom 2. bis 5. April im Völkerkundemuseum Hamburg statt, Rothenbaumchaussee 64, 20148 Hamburg, Tel. 040/428 87 95 11

Saaletal: Ritterspektakel auf der Leuchtenburg

Ostern unter Rittern: Auf der Leuchtenburg im thüringischen Seitenroda bei Jena beginnt am Osterwochenende auch die Saison der Mittelalterspektakel. Ritter werden dann wieder gegeneinander kämpfen, Marktweiber und Handwerker ihre Waren feilbieten, Musikanten, Gaukler und Quacksalber für Unterhaltung sorgen. Auch der Osterhase mischt sich unter das fahrende Volk. Kinder können am Sonntag mit ihren Eltern stundenlang zwischen alten Burgmauern die etwa 1000 Eier suchen, die der Hase rund um die Leuchtenburg versteckt hat. Und in der Osterhasenwerkstatt erzählt Grossvater Hase von Handwerk und alten Zeiten.
Die Leuchtenburg ist ohnehin eine Reise wert, sie liegt hoch über dem Saaletal in schöner Landschaft. Man sieht von hier oben den Thüringer Wald auf der einen und den Harz auf der anderen Seite. Ein Burgmuseum erzählt die Geschichte der rund 800 Jahre alten Festung. Und in der Burgschänke bekommt man deftige Thüringer Speisen. Nach dem stundenlangen Eiersuchen also: Bierfleisch und Thüringer Klösse.
Das Osterspektakel findet vom 10. bis 13. April zwischen 10 und 19 Uhr auf der Leuchtenburg statt, Dorfstrasse 100, 07768 Seitenroda, Eintritt 8 Euro, für Kinder 6 Euro, Familien 21 Euro,
Tel. 036424/566 60.

Bautzen: Eierschieben an der sächsischen Spree

Wer die Spielregeln verletzt, bekommt es mit dem Eierjokel zu tun. Beim alljährlichen Bautzener Eierschieben auf dem Protschenberg ist er Witzfigur und oberster Richter zugleich. Zu Hunderten kullern bunte Plastikbälle dann den Hang zur Spree hinunter, unten versuchen Kinder hektisch, so viele von ihnen einzusammeln wie möglich. Das lohnt sich – jedes der falschen «Eier» lässt sich gegen ein kleines Ostergeschenk eintauschen. Beim Eierschieben wurden früher statt Plastikbällen hartgekochte Eier und allerlei Lebensmittel den Hang hinunter geschubst, wohlhabende Baut­zener haben auch Äpfel, Nüsse und Apfelsinen zur Spree kullern lassen. Unten standen die Kinder armer Familien und freuten sich über die Leckereien. Verbrieft ist das für das 19. Jahrhundert, doch der Brauch ist wesentlich älter, manche vermuten seinen Ursprung in den Zeiten des Dreissigjährigen Krieges. Zu DDR-Zeiten wurde das Eierschieben verboten, aus Sicht der Behörden war es eine Demütigung der einfachen Leute, und erst nach der Wende wieder eingeführt. Mittlerweile kommen jedes Jahr an die 15 000 Besucher am Ostersonntag auf den Protschenberg, das sorbische Volkstheater spielt und auf einem Ostermarkt verkaufen Händler ihre handgefertigten Produkte und regionalen Spezialitäten. Und der Eierjokel versucht für Ordnung zu sorgen. 
Eierschieben und Ostermarkt auf dem Protschenberg am Ostersonntag, 12. April, ab 10 Uhr. Ein Netz mit vier Bällen zum Runterkullern kostet zwei Euro.

Frankfurt: Spazieren gehen mit Goethe

Der berühmteste Osterspaziergang geht am Main entlang. Hier bejubelt Faust die Wiederbelebung der Natur, wenn die Frankfurter zu ihrem traditionellen «Osterspaziergang» aufbrechen. Der rund drei Kilometer lange Weg beginnt wie damals an Goethes Geburtshaus im Grossen Hirschgraben, ein schmaler Durchstich mitten in der City. Über die Berliner Strasse, vorbei an der Paulskirche, in der Deutschlands erstes Parlament tagte, geht es zum Römerberg. Jetzt sind es nur noch wenige Schritte bis zum Fluss, den man mittels der Fussgängerbrücke «Eiserner Steg» überquert. Von der südlichen Mainseite aus hat man schliesslich einen spektakulären Blick auf die Skyline von «Mainhattan». 
Der Osterspaziergang führt in östlicher Richtung weiter und endet wie eh und je an der «Gerbermühle» kurz vor Offenbach. Hier hat Goethe gern gesessen, auch mal seinen Geburtstag gefeiert und sich an den Musikanten erfreut, die auf Booten vorbeitrieben. Heute schmückt eine Stahlskulptur den Schleuseneingang gleich neben dem Wirtsgarten, unter dessen Kastanien man von Frühjahr bis Herbst gern einen Schoppen nimmt. «Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s seyn», echot der Dichterfürst dazu.


Bern: Eiertütschete in der Schweiz

Das Stärkere gewinnt. Auf dem Kornhausplatz in der Berner Altstadt geht es am Ostersonntag ums Ei. Beim «Eiertütschen» stossen die Teilnehmer hart gekochte Eier im Wettstreit gegeneinander – das härtere gewinnt. Hunderte Berner kommen jährlich zur traditionellen «Eiertütschete» zusammen, um sich in der österlichen Disziplin zu messen. Ziel ist es, die Schale des gegnerischen Eis zu zerbrechen. Zuerst schlägt man die stumpfen Seiten gegeneinander, dann die spitzen und schliesslich die unverletzten Enden. Wer gewinnt, bekommt das Ei des Verlierers. Wichtig für erfolgreiches Eiertütschen ist der Winkel, mit dem das Ei gestossen wird, aber auch die Ernährung und das Alter des Huhns, von dem das Ei stammt – junge Hühner legen stabilere Eier! Der Brauch ist auch in Deutschland beliebt, etwa in Köln und der Oberpfalz, in Österreich und auf dem Balkan. In vielen Mundarten gibt es unterschiedliche Namen für ihn – «Oierhiartn» etwa, «Oiapecken», «Oiastoussn» oder schlicht «Ostereiertitschen». Oft wird das Eierspiel am Ostermorgen zu Hause in der Familie gespielt, doch die Berner haben gleich ein Volksfest daraus gemacht.
Zur Eiertütschete am Ostersonntag bringt man am besten viele bunte Ostereier mit, Beginn ist um 10 Uhr. Informationen bei Bern Tourismus,
Tel. 0041 31/328 12 12.

www.ksta.de Von Mirco Lomoth und Claudia Diemar 01.04.2009
Eierspiele
Die Osterfeiern im Alten Bern

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