Urs Frauchiger wird siebzig
Kulturtäter und Fabulierer
Von Haus aus ist er Cellist, ausgebildet an der Musikhochschule Basel, und über Jahrzehnte wirkte er als Musiker, zum Beispiel im Berner Reis-Quartett. Doch dann kamen dieser Gang durch die Institutionen und eine Karriere von eigenem Glanz. So verbindet sich der Name von Urs Frauchiger, der am morgigen Sonntag seinen siebzigsten Geburtstag begeht, mit einer Reihe leitender Funktionen. Ab 1970 betreute er die Musik-Abteilung im Studio Bern des Deutschschweizer Rundfunks, 1977 wurde er zum Direktor von Konservatorium und Musikhochschule Bern gewählt, 1992 bis 1997 schliesslich leitete er die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia mit Sitz in Zürich.
Kulturpolitische Erfahrungen zuhauf also - von denen er am Ende genug hatte. An einer institutionellen Schaltstelle inhaltlich einwirken zu können, das hatte sich Frauchiger als Möglichkeit für den Posten bei der Pro Helvetia vorgestellt; in der Folge musste er sich allerdings eingestehen, dass politische Arbeit ganz anderen Parametern gehorcht, weshalb er das Mandat vorzeitig zurückgab.
Dass mit Urs Frauchiger nicht ein Manager, sondern ein Musiker in dieses Amt kam, mag erstaunen. Allerdings hat sich Frauchiger schon immer auch als kritischer Denker zu Wort gemeldet - mit Überlegungen zu ästhetischen wie gesellschaftlichen Fragen, aber auch mit Einspruch gegen die herrschenden Verhältnisse, wo er es für nötig hielt. Erstes Medium war ihm dabei stets das Buch. «Was zum Teufel ist mit der Musik los?» nannte sich ein Titel von 1982, der sich in unkonventioneller Weise mit der Branche beschäftigte und der ihn weitherum bekannt machte; 1995 kam «Entwurf Schweiz» heraus, die «Anstiftung zur kulturellen Rauflust» - die er selbst so animiert wie animierend beherrscht.
Ganz bei sich ist Frauchiger aber, wenn er über sein Eigenes schreibt. Wenn er sich mit Meistern des Fachs über das Musizieren auf Streichinstrumenten unterhält («Der eigene Ton», 2000) oder über Mozart nachdenkt («Mit Mozart reden», 1990, und «Mein Mozart», 2005, jeweils Beiträge zu den Jubiläumsjahren). Dabei lebt sein Schreiben von jenem Einfall, jenem Witz und jener ganz eigentümlichen Fabulierlust, die auch die Erzählungen «In Betrachtung des Mondes», sein jüngstes Buch, kennzeichnen.
www.nzz.ch Peter Hagmann 16.09.2006
Neue Publikationen von Urs Frauchiger:
Mein Mozart. Huber, Frauenfeld 2005. 160 S., Fr. 36.-.
In Betrachtung des Mondes. Erzählungen. Huber, Frauenfeld 2006. 148 S., Fr. 36.-.
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