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18.3.09

Parzival

Mittelalterliche Handschriften: Der Berner Parzival.

Der «Parzival» Wolframs von Eschenbach gehört zu den bedeutendsten Erzählungen des europäischen Mittelalters. Das Versepos schildert, wie Parzival vom naiven Toren zum Artusritter und zum Hüter des sagenumwobenen Grals aufsteigt.

Eine der kostbaren Handschriften des «Parzival» wird in der Burgerbibliothek Bern aufbewahrt. Sie ist Mittelpunkt einer Ausstellung, die das Institut für Germanistik in Zusammenarbeit mit der Burgerbibliothek und der Universitätsbibliothek organisiert: Unter dem Titel «Schachzabel, Edelstein und der Gral» lernen die Besucherinnen und Besucher die faszinierende Welt der mittelalterlichen Handschriften kennen.

Mittelalterliche Bücher (Codices) üben einen besonderen Reiz auf den modernen Betrachter aus: Einband, Beschreibstoff und Schrift verweisen auf eine vergangene Epoche, in der Bücher aufgrund ihres aufwendigen Herstellungsprozesses einen beträchtlichen Wert darstellten. Sie sind kein Alltags-gegenstand, entsprechend ist auch der Leserkreis ein exklusiverer als heute.

Im Spätmittelalter nimmt die Produktion volkssprachlicher Texte stark zu und es etablieren sich neue Gattungen. Neben dem Versroman, der ab dem späten 12. Jahrhundert zunächst an den Höfen in Mode kam, bilden sich allmählich Frühformen des modernen Prosaromans heraus. Rasch verbreiten sich auch didaktische Texte, die das Publikum zu belehren und zu unterhalten suchen. Noch häufiger entstehen geistliche Texte, darunter Predigten und erbauliche Schriften, die Glaubensinhalte vermitteln. Eine wichtige Rolle im spätmittelalterlichen Literaturbetrieb spielen dabei die geistlichen Orden. Diese Schriften des 14. und 15. Jahrhundert spiegeln nicht nur die literarischen Vorlieben eines vorwiegend städtischen Publikums, sie künden auch den Medienwechsel von der Handschriften- zur Druckkultur an.

Im Mittelpunkt der aus den Schätzen der Burgerbibliothek Bern vorgestellten Handschriften steht die Berner ‹Parzival›-Handschrift. Im Jahre 1467 vom Berner Twingherr Jörg Friburger erworben, ist sie die letzte heute erhaltene Abschrift des im ganzen Mittelalter so beliebten Gralromans. Gegenüber dem ursprünglichen Versroman, den Wolfram von Eschenbach um 1200 verfasst hat, weist das Berner Manu-skript sprachliche und inhaltliche Modernisierungen auf; zusammen mit dem umfangreichen Illustrations-zyklus liefert es damit eine neue Deutung des Geschehens mit zeitgenössischer burgundischer Prägung.

Eine eigenständige Fassung bietet auch das Berner Exemplar des französischen Liebes- und Abenteuer-romans ‹Pontus und Sidonia›, der wie das ‹Cleomades›-Fragment die Entwicklung zum frühmodernen Prosaroman bezeugt. Didaktische Absichten verfolgen die Fabelsammlung ‹Der Edelstein› des Berner Mönchs Ulrich Boner und das ‹Schachzabelbuch› Konrads von Ammenhausen. Während Boner an Bei-spielen aus dem Tierreich richtige und falsche Verhaltensweisen vorführt, entwickelt Konrad anhand des beliebten Schachspiels ein Modell, welches das Zusammenwirken der Gesellschaft erklärt. Ein aussage-kräftiges Beispiel für die im 14. und 15. Jahrhundert zunehmende Marienverehrung bietet das ‹Berner Marienleben›.

Ausstellung «Schachzabel, Edelstein und der Gral»
18. März bis 29. August 2009, Ausstellungsraum der Zentralbibliothek an der Münstergasse 63, Bern.
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8 bis 19 Uhr, Samstag von 8 bis 12 Uhr.
www.ub.unibe.ch

Parzival (Wikipedia)

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