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10.4.06

Bier

Gesellschaftliche Identität kann so schön berauschen, besonders, wenn sie die Kehle hinabrinnt.

Ist es möglich, Nationalitätsforschung durch die Erprobung diverser Alkoholika zu betreiben? Dann wären die Franzosen die Alchimisten Europas, mit ihren Likören, ihrem Pastis und Artischockenschnaps. Klar, naturverbunden und doch raffiniert die Italiener mit Barolo, Taurasi und Grappa - und wir mit unserem Bier? Denkbar einfach sind seine Zutaten und Zubereitung, aber das Bier ist für den Deutschen Wissenschaft. Er füllt es in hohe, schmale Gläser und in bauchige Krüge, er lässt es in Humpen schwappen und in Kelchen schäumen.

Zwischen Kölnern und Düsseldorfern könnten auch in Fragen der politisch korrekten Biersorte Glaubenskriege entbrennen; schaut man sich die Werbung an, muss man für den Genuss eines kühlen Blonden barfuss über friesische Strände laufen, während sich bayerisches Bier augenscheinlich nur in folkloristisch enthemmter Umgebung geniessen lässt. Kleinstaaterei früher, heute Föderalismus: Das Bier ist der authentische Ausfluss davon. Prost Deutschland.

Auszug aus «Der Kitt der Gesellschaft» Kölner Stadt-Anzeiger vom 08.04.2006 www.ksta.de

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