Hans Holbein im Kunstmuseum Basel
Die Ausstellung versammelt einen Grossteil aller erhaltenen Werke aus Holbeins Basler Schaffensjahren zwischen 1515 und 1532. Nach fast einem halben Jahrhundert – die letzte grosse Holbeinausstellung fand 1960 in Basel statt – wird das reiche und vielfältige Werk, das der Künstler während dieser Zeit geschaffen hat, wieder zu sehen sein.
Mit rund vierzig Gemälden, einhundert Zeichnungen und zahlreichen druckgraphischen Werken wird sein hochrangiges Oeuvre vor Augen geführt. Zu den bedeutenden Leihgaben gehören der «Oberried-Altar» aus dem Münster in Freiburg i. Br., die «Solothurner Madonna» und die «Darmstädter Madonna». Hinzu kommen Bildnisse aus Holbeins erstem Englandaufenthalt wie das der Anne Lovell aus London, der Lady Mary Guildford aus St. Louis (USA) und des Thomas Godsalve mit seinem Sohn John aus Dresden.
Die Zeichnungen, die in der Basler Sammlung reich vertreten sind, werden durch Leihgaben aus Augsburg, Berlin, Braunschweig, Leipzig, Lille, London, München, Paris und Windsor Castle ergänzt, so dass das zeichnerische Werk nahezu vollständig gezeigt werden kann.
So wird die einzigartige Möglichkeit bestehen, die sonst verstreuten Werke nebeneinander zu sehen, sie unmittelbar zu vergleichen und ihre Besonderheit besser und anders wahrzunehmen.
Biographie: Von Augsburg nach Basel
Hans Holbein d. J. gehört zu den bedeutendsten Künstlern des frühen 16. Jahrhunderts. Sein Name steht gleichrangig neben Albrecht Dürer und den am Oberrhein tätigen Hans Baldung Grien und Matthias Grünewald. Damals blühten hier die Künste der Malerei, der Zeichnung und des Buchdrucks.
Aus Augsburg stammend, kamen Hans Holbein d. J. und sein Bruder Ambrosius im Jahr 1515 nach Basel. Ihre künstlerische Ausbildung hatten sie bei ihrem Vater Hans Holbein d. Ä. erhalten, der in Augsburg eine grosse Malerwerkstatt leitete.
In Basel konnte Hans früh schon seine Begabung als Porträtist und Maler von Fassadendekorationen unter Beweis stellen. Er erhielt den Auftrag von der Stadt, den Grossratssaal mit Wandbildern auszumalen und führte bald schon Aufträge für religiöse Tafelbilder aus. Er stand in engem Kontakt mit Druckern, für die er Entwürfe für Buchillustrationen lieferte, und den in Basel wirkenden Humanisten, unter ihnen kein geringerer als Erasmus von Rotterdam, den er mehrmals porträtierte.
Frankreich und England
Nicht nur die beginnende Reformation in Basel und deren negative Auswirkung auf die Kunstproduktion, sondern auch der Anspruch, den der Künstler an sich selber stellte, bewogen ihn schon bald, sich nach anderen Wirkungsstätten umzuschauen. So wandte er sich 1523/1524 nach Frankreich und dann nach England, um eine Tätigkeit als Hofmaler anzustreben. Während seines ersten Englandaufenthaltes zwischen 1526 und 1528 malte er Dekorationen für die Feste am Hof Heinrichs VIII. (1491–1547). Es gelang ihm, Aufträge für Bildnisse von Angehörigen der englischen Aristokratie aus dem Umkreis des Hofs zu erhalten.
Zu den herausragendsten künstlerischen Leistungen dieser Zeit zählt das Familienbild des Thomas More (1478–1535), das den Kanzler Heinrichs VIII. im Kreis seiner Familie zeigt – es ist das früheste Gruppenbildnis nördlich der Alpen. Erhalten haben sich der Entwurf Holbeins und Porträtstudien (im Kupferstichkabinett Basel und in der Royal Collection in Windsor Castle, England); das Gemälde selbst verbrannte im 18. Jahrhundert.
Für kurze Zeit zurück in Basel
Holbein kehrte 1528 für wenige Jahre nach Basel zurück, wo seine Familie lebte. Damals malte er das Bildnis seiner Frau mit den beiden älteren Kindern. Noch unmittelbar vor der Reformation, die 1529 zum Durchbruch gelangte, könnte er die Orgelflügel für das Basler Münster ausgeführt haben. Die gezeichnete Passionsfolge im Kupferstichkabinett Basel gehört jedenfalls zu den letzten Aufträgen mit religiösen Themen. In dieser Zeit vollendete Holbein auch die Ausmalung des Basler Grossratssaals.
Im Jahr 1532 wandte er sich erneut nach London. Dort hatte er Kontakt zu der deutschen Handelsniederlassung im Stalhof, für deren Mitglieder er Porträts ausführte und deren «Guildhall» er mit Wandgemälden schmückte. 1535 wurde er Hofmaler Heinrichs VIIII. Ein Jahr vor seinem unerwarteten Tod 1543 in London bezeichnete er sich auf dem Selbstbildnis, das in den Uffizien in Florenz aufbewahrt wird, als Bürger von Basel, der Stadt, der er innerlich stets verbunden blieb.
Die Sammlung im Kunstmuseum Basel
Das Kunstmuseum Basel birgt weltweit die grösste Sammlung an Gemälden, Zeichnungen und druckgraphischen Werken dieses bereits zu Lebzeiten hochgeschätzten Künstlers.
Bereits im Jahr 1661 konnte mit dem Ankauf des «Amerbach-Kabinetts» der grösste Teil dieses bedeutenden Ensembles von Holbein-Werken für Basel gesichert werden. Das Amerbach-Kabinett ist die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstandene Sammlung des Basler Juristen Basilius Amerbach (1533–1591), die auch den ererbten Besitz seines Vaters Bonifacius Amerbach (1495–1562) und eine grosse Bibliothek beinhaltete. Im Jahr 1823 kamen mit der Übergabe des «Museum Faesch» an die Sammlung der Universität weitere wichtige Werke hinzu, so u. a. das Doppelbildnis des Jakob Meyer und seiner Frau Dorothea Kannengiesser von 1516 mit den dazugehörenden Vorzeichnungen.
Holbeins frühe Wertschätzung
In Basel ist man sich schon lange der Bedeutung des Künstlers und der hohen Qualität seiner Werke bewusst. Noch 1538 hatte der Rat der Stadt versucht, Holbein nach Basel zurückzulocken, und dies obwohl zahlreiche Bilder des Künstlers während des Bildersturms 1529 zerstört und beschädigt worden waren. Manche Werke sind Basel auch durch andere Umstände verloren gegangen. Sie wurden aus Furcht vor Zerstörung ins angrenzende Deutschland gebracht und blieben daher unvollendet (wie beispielsweise der «Oberried-Altar» in Freiburg im Breisgau); die berühmte «Darmstädter Madonna» veräusserten die Erben der Auftraggeber im 17. Jahrhundert ins Ausland.
Das Kunstmuseum Basel zeigt vom 1. April bis zum 2. Juli 2006 eine grosse Ausstellung, die Hans Holbein dem Jüngeren (Augsburg 1497/1498–1543 London) gewidmet ist. Sie befasst sich mit dem Werk des Künstlers, das zwischen 1515 und 1532 in Basel entstand. Holbein wandte sich dann nach England und wurde Hofmaler Heinrichs VIII.
Die Tate Britain in London veranstaltet wenig später, vom 28. September 2006 bis zum 7. Januar 2007, eine zweite Holbein-Ausstellung. Sie bringt das Schaffen des Künstlers aus seiner Zeit in England zur Darstellung. Beide Ausstellungen ergänzen sich gegenseitig und berücksichtigen Holbeins ersten Englandaufenthalt zwischen 1526 und 1528. Den Besuchern beider Ausstellungen bietet sich im Jahr 2006 also die nicht wiederholbare Möglichkeit, eine Vorstellung vom Gesamtwerk des Künstlers zu erhalten.
www.kunstmuseumbasel.ch
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