Camerata Bern entdeckt die russische Seele
Im Kleinen Saal des Konzerthauses war vierzehnköpfig die Camerata Bern unter der Leitung von Kolja Blacher zu Gast, der natürlich die erste Geige spielte - und zwar in jeder Beziehung.
Vivaldis viril daherstürmendes Violinkonzert «La tempesta di mare» machte den aufrüttelnden Beginn. Später schloss Blacher Bachs a-Moll-Violinkonzert BWV 1041 an. Vor allem auf liess er im glänzend ausgetüftelten Programm Schostakowitsch mit seiner Kammersinfonie c-Moll op. 110 a auf Alfred Schnittkes grossartig tiefsinniges Streichtrio (in der Fassung für Streichorchester) stossen: überwältigendes Zeugnis einer Seelenverwandtschaft der beiden Russen, die erst allmählich deutlich zu werden beginnt.
Schnittkes Ernst, die Würde seiner Musik, ihre Lebenssattheit, ihr Überdruss am ihr aus kulturpolitischen Gründen ewig aufgezwungenen Versteckspiel, treten ergreifend zutage. Immer erneut setzt es verzweiflungsvolle Einbrüche in den melodischen Fluss, hilflose Grimmigkeiten, die sich geradezu atemberaubend übereinander schichten. In seiner vollen Tiefgründigkeit wird Schnittke wohl erst noch zu entdecken sein. Die Camerata Bern unter Blacher hat dazu jedenfalls nachhaltig und bewunderungswert beigetragen.
morgenpost.berlin.de 25.04.2006 Gtl.
www.cameratabern.ch
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