Stadt Bern: Streit um Judendenkmal
Bern will ein Denkmal erstellen, das an die Geschichte seiner Juden erinnern soll. Beim Bundeshaus wird es nicht zu stehen kommen – und aus dem Denkmal ist eine Infotafel geworden.
Das Hin und Her um ein Denkmal, das an die Geschichte der Berner Juden erinnern soll, dauert nun schon über zwei Jahre. Die Standortsuche beschäftigte auch den Nationalrat und sogar die Landesregierung. Jetzt ist klar: nicht beim Bundeshaus Ost, wo sich im Mittelalter ein Judenviertel befand, soll die Geschichte dokumentiert werden. Sondern weiter weg vom Regierungsgebäude, in der Amtshausgasse, die früher Judengasse hiess. Und statt wie einst geplant ist nicht mehr von einem Denkmal die Rede, sondern nur noch von einer schlichten Informationstafel.
«Berührungsängste ausgelöst»
Dabei hatten zwei Berner Stadträte (Legislative) im Zuge der Umgestaltung des Bundesplatzes Anfang 2004 verlangt, dass nicht nur Aspekte der jüdischen Geschichte sichtbar gemacht werden sollen, sondern auch ein Mahnmal gegen Verfolgung, Antisemitismus, Fanatismus und Rassismus gesetzt werden müsse. Die Stadt Bern setzte eine Arbeitsgruppe ein, in der unter anderem Vertreter von Religionsgemeinschaften sassen. Die Arbeitsgruppe ging äusserst subtil vor, war sie sich doch bewusst, dass mit einem solchen Mahnmal Sensibilitäten verletzt werden könnten.
Sie entschloss sich deshalb, nicht die Religion in den Vordergrund zu stellen, und plante stattdessen ein Kunstobjekt. Doch die Standortsuche für ein Judendenkmal zog sich trotzdem hin – und erwies sich als delikate Angelegenheit. Das Thema habe «grosse Berührungsängste ausgelöst», sagt etwa Stadtrat Simon Röthlisberger von der Jungen Alternative, der den Vorstoss vor zwei Jahren eingereicht hatte. Die Sache sei eben «heikel», weiss auch SP-Stadtpräsident Alexander Tschäppät.
«Besser als nichts»
In den beiden kleinen Parkanlagen vor dem Bundeshaus Ost jedenfalls wird das historische Denkmal nicht zu stehen kommen. Die Würdigung der jüdischen Kultur in Bern sei nicht Bundesaufgabe, liess der Bund, dem der Boden gehört, Stadtpräsident Tschäppät wissen. Zwischen Bundesverwaltung und jüdischer Kultur in Bern gebe es «kein geschichtliches Verhältnis».
Diese «unsensible, spitzfindige Aussage» stiess dem linksgrünen Zuger Nationalrat Josef Lang sauer auf und er reichte eine Anfrage ein. Im März versicherte Bundesrat Hans-Rudolf Merz, «dass allen Glaubensgemeinschaften, namentlich auch der jüdischen, der entsprechende Platz zum Verweilen und zur Besinnung eingeräumt wird». Man bemühe sich, eine «angemessene Lösung» zu finden.
Die Lösung, auf die sich Bund und Stadt nun geeinigt haben, ist die Informationstafel in der Amtshausgasse. Sie entspreche nicht ganz dem parlamentarischen Willen, räumt Tschäppät ein. Indes: «Es ist besser als nichts.» Die Stadt Bern jedenfalls erfülle mit der 4000 Franken teuren Hinweistafel ihren geschichtlichen Auftrag. Anne-Marie Guzman, Präsidentin der Jüdischen Gemeinde Bern, ist froh, dass das Schild an jenem Ort montiert werden soll, wo sich das jüdische Leben auch tatsächlich abgespielt hat. Eine Zeit lang habe man in der Arbeitsgruppe auch andere Standorte besprochen.
Schrift auch auf Hebräisch
Mit der Informationstafel anstelle eines Denkmals kann die Präsidentin der Jüdischen Gemeinde Bern gut leben. Allerdings wünscht sie sich, dass das Schild auch auf Hebräisch beschriftet wird. Noch diese Woche soll dies an einer Sitzung besprochen werden – und könnte erneut heftige Diskussionen auslösen.
www.tagblatt.ch Catherine Arber 19.05.2006
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